Fragen in der Kreistagssitzung (20.06.2024) von Nils Andersen zur A20

Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrter Herr Kreispräsident,

als Einwohner Itzehoes und damit des Kreises Steinburg fühle ich mich wie zahlreiche andere Bewohner dieses Kreises sowohl durch die von Ihren Fraktionsvorsitzenden verfasste Resolution zum Weiterbau der A20 als auch den von Ihnen beabsichtigten Beitritt zum Bündnis „A20 – Das wird gut“ angesprochen, aber dabei gegen meinen Willen als scheinbarer Befürworter eines der natur- und klimaschädlichsten Infrastruktur-Großprojekt vereinnahmt.
Denn:

  • Wie können Sie von einer Blockade großer Investitionen wie denen von und für Northvolt und die Terminals in Stade und Brunsbüttel sprechen, wenn diese bereits schon jetzt auch ohne A20 getätigt werden und im Falle von Northvolt weder gefordert – Northvolt nämlich will einen möglichst kleinen ökologischen Fußabdruck hinterlassen und fordert einen leistungsfähigen Bahnanschluss sowohl für den Gütertransport als auch für seine Mitarbeitenden, nicht aber die A20 –, noch im Falle der Terminals in Stade und Brunsbüttel sachlich notwendig sind? Die dort angelandeten oder später einmal produzierten LNG- bzw. Wasserstoffmengen werden doch fast ausschließlich als Massengüter per Pipeline oder auch Eisenbahn und kaum per Lkw weitertransportiert?
  • (Auch der Windkraftausbau scheiterte bisher und scheitert auch jetzt nicht an den Transportmöglichkeiten mangels A20, sonst gäbe es die Produktion von Windkraftanlagen in Norddeutschland bereits gar nicht mehr, sondern dafür waren z.B. unter dem ehemaligen Bundeswirtschaftsminister Altmeyer gegebene Bedingungen maßgeblich.)
  • Wie kann das Bündnis, dem der Kreis beitreten soll, von einer Förderung der Mobilitätswende sprechen, wenn es gleichzeitig möchte, dass der individuelle Personen-Verkehr zugunsten des Schienengüterverkehrs auf die Straße ausweicht (siehe die Internetseite des Bündnisses „A20 – Das wird gut“) und damit erneut eine Fixierung auf das Auto als Verkehrsmittel der Wahl im ländlichen Raum zementiert wird, statt endlich den Schienenverkehr als weitaus ressourcen- und flächensparendere Alternative auszubauen?
    Siehe: Handlungsoptionen für eine ökologische Gestaltung der Langstreckenmobilität im Personen- und Güterverkehr
  • Wie kann das Bündnis, von einer regionalen Wirtschaftsförderung sprechen, wenn erfahrungsgemäß die großen Zentren von solchen Infrastrukturgroßprojekten profitieren, der ländliche Raum mittel- bis langfristig aber das Nachsehen hat? Ich bin mir nämlich nicht sicher, dass beispielsweise das lokale Handwerk von der Konkurrenz aus den Zentren und anderen Regionen so begeistert sein wird. Es steht vielmehr zu befürchten, dass hier gerade langfristig gewachsene, regionale Kundenbeziehungen dem Konkurrenzdruck zum Opfer fallen, der durch immer mehr – auch überregionalen – Verkehr erst ermöglicht wird.
  • Wie können Sie in Ihrer Resolution von der Förderung des Tourismus und einer entspannten An- und Abreise an die Nord- und Ostsee sprechen, wenn statt der wirklich entspannten An- und Abreise per Bahn erneut der Urlaubsreiseverkehr auf Autobahnen gefördert und der Autoanteil am Verkehr innerhalb der Urlaubsorte und -regionen damit signifikant erhöht statt reduziert wird? Wo bleiben da Ruhe und Erholung (wenn die dortigen Urlaubsorte schon jetzt gut ausgebucht sind)?
  • Wie kann von einer Flächenkompensation die Rede sein, wenn Flächen wie die Hörnerau oder große noch bestehende Moorflächen in deren Nähe und v.a. in Niedersachsen gar nicht neu geschaffen werden können und seltene und vom Aussterben bedrohte Tiere mit Gülleausbringung zur Abwanderung auf minderwertigere Flächen gezwungen werden, wo Rast und Bruterfolg nicht mehr gewährleistet sind? Das wäre so, als ob einem Hausbesitzer in einer Siedlung sein Garten weggenommen würde und ihm dafür der Garten des Nachbarn, vielleicht etwas aufgehübscht, angeboten würde. Unterm Strich ein Verlust an Grünfläche insgesamt und für eine der beiden Betroffenen ein Totalverlust an Refugium. Wer von Ihnen würde das vor seiner Haustür zulassen?
  • Und zu guter Letzt: Wie können Sie ein milliardenteures Großprojekt, das den Klimawandel durch Emissionen aus Bautätigkeit und Moorbodenoxidation noch anheizt, gerade auch gegenüber anderen BürgerInnen dieser Republik aber vielen Menschen, die weltweit unter den immer massiveren Auswirkungen des Klimawandels leiden und auch sterben, verantworten, wenn für deren Schutz und den notwendigen Wiederaufbau ihrer Existenzen – auch hier in Deutschland bereits die Geldsummen in die zig Milliarden steigen und weiter steigen werden?